Beschreibung
Verkörperte Zeichnungen im Raum In überzeugender Weise führt Hinsberg durch ihre Arbeit an der Zeichnung dieselbe über sich hinaus. In der Werkserie Perceiden verläßt sie den Bildträger Papier. Die Zeichnung wird punktuell per Bohrung durch das Blatt auf die Wand übertragen. Diese Bildproduktion lehnt sich an diejenige der Freskenmalerei an. Nicht nur weil die Lineatur der Darstellung mittels einer Schablone (einem Karton) aufgebracht wird, sondern vor allem weil die Zeichnung durch die Bohrung in die Wand wie das Fresko eine Verbindung mit ihrem Träger eingeht. Auch in Lichtes Maß-II verwirft Katharina Hinsberg das traditionelle Verhältnis von Trägermaterial und Darstellung bzw. das von Grund und Figur. Das Bildgeviert (Grund) wird buchstäblich in eine Linie (Figur) überführt, die den Ausstellungsraum durchmißt. Die Künstlerin hat eine rote quadratische Fläche den Längen-, Breiten- und Höhenmaßen des Ausstellungsraumes entsprechend ausgelegt und diese dann zu einem einzigen Streifen geschnitten. Dieser Streifen wurde im Raum ebenfalls in Relation zu den Raummaßen fixiert, so daß er Bildgevierte oder Kuben umrißhaft verkörpert und zugleich Raum durchmessende Linie bleibt. Lichtes Maß-II unterstreicht das konstruktive Moment: das Maß des Raums, die Linie, den rechten Winkel, das Raster und die mit ihnen verknüpften Gestaltungsmöglichkeiten. Auch in ihrer jüngsten Werkserie "Spatien" gelangen Linie und Raum zur Darstellung. Bislang hat die Künstlerin drei Versionen dieses Konzeptes realisiert. Ausgangsmaterial ist orangefarbenes Seidenpapier, das maschinell zu 4 mm breiten Streifen geschnitten wird. 70 cm lange Teilstücke läßt das standardisierte Papiermaß von 50 x 70 cm zu. Die Menge der Papierstreifen wurde in Relation zum Ausstellungsraum bestimmt: Das Flächenmaß des gesamten Papiers entspricht dem Bodenmaß des Ausstellungsraumes. In der Würzburger Version hat die Künstlerin die Papierstreifen, den nRaum durchschreitend, ungeordnet in kleinen Haufen fallen lassen. Die Streifen wurden dann aufgenommen, Stück für Stück zusammengeklebt, bis sie Boden und Decke verbinden mochten, und an der Decke fixiert. Der Raumeindruck verändert sich wesentlich im Verlauf dieses installativen Prozesses. Zunächst besetzen kleine, zunehmend anwachsende Haufen den Ausstellungsboden. Diese Ansammlungen von Material lassen es gleichwohl zu, den Raum vorsichtig zu passieren. Mit dem Prozeß des Aufhängens der Streifen erfährt der Raum eine vertikale Strukturierung und schließlich eine Verdichtung, in der kaum Durchgänge auszumachen sind. Lediglich durch den Abgleich von vertikalen Streifen und Papierhäufungen am Boden lassen sich Passagen ausfindig machen, durch die hindurch der Raum - Schritt für Schritt sich vortastend - zu durchstreifen ist. Die Künstlerin interessiert sich mit dieser Arbeit für "die Transformation einer Fläche per Schnitt in raumgreifende Gebilde" und für deren Effekte auf unsere Wahrnehmung und Bewegung: "vom Überblicken einer ungehinderten Passage durch den Raum zu einem eher mäandernden, suchenden Gehen zwischen den Streifen, die man seinerseits oft streift und die ihrerseits bereits auf geringe (Luft-)Bewegungen reagieren."