Beschreibung
Till Eulenspiegel ist eine der ältesten und bekanntesten Sagenfiguren Niedersachsens. Seine Eulenspiegeleien sind sprichwörtlich und die Figur des auf einem Seil tanzenden Narren mit der Schellenkappe und den linken Schuhen seiner Zuschauer an einem Band dürfte fast jedermann bekannt sein. Gudrun Cohnen Nussbaum und Karl Cohnen interpretieren die von Hermann Bote um 1500 aufgezeichneten Eulenspiegel-Geschichten in neuer ungewöhnlicher Weise. Der Verlag Jörg Mitzkat präsentiert nun zwei großformatige Bücher mit den Linolschnitten, Zeichnungen und Schriftblättern der Künstler. Die Publikationen dürften auf das Interesse von Grafik-Sammlern, bibliophilen Lesern und natürlich von Liebhabern der Eulenspiegel Historien stoßen. Während es Karl Cohnen mit seinen emblemhaften Linolschnitten gelingt, die Geschichten in einer Bildaussage zusammenzufassen, widmet sich Gudrun Cohnen Nussbaum in ihren detailreichen Bleistiftzeichnungen bestimmten Einzelaspekten der Historien. Ihre Motive findet sie dabei vornehmlich im eigenen Haushalt. Wenn Karl Cohnen beispielsweise die 43. Historie, in der Eulenspiegel vom Schneider angewiesen wird, Leder für die Schuhe zuzuschneiden, so darstellt, dass die von Eulenspiegel verdorbenen Lederstücke und ein Fuß gezeigt werden, wird der ganze Zusammenhang deutlich: Die Stücke sind unbrauchbar und die Menschen müssen barfuß gehen. Gudrun Cohnen Nussbaum hingegen nimmt die Historie zum Anlass, sich den Dingen zuzuwenden, die sie im eigenen Haushalt entdeckt; in diesem Fall die Schuhe ihrer Kinder. Neben den eher grob kantigen sinnbildhaften Linolschnitten ihres Mannes stehen dementsprechend ihre sehr detailreichen Zeichnungen von Haus- oder Sportschuhen, die mit ihren Falten und abgelaufenen Sohlen wiederum ihre eigenen Geschichten erzählen. Hier schließt sich der Bogen, denn die Geschichten Till Eulenspiegels zeichnen sich vor allem dadurch aus, dass er das Bildhafte der Sprache wörtlich nimmt und so seine absurden Handlungen rechtfertigt. Gudrun Cohnen Nussbaum beweist mit ihren Darstellungen von Haushaltsgegenständen, dass selbst die alltäglichsten Dinge ihre Geschichte haben und somit über sich selbst hinausweisen. Damit entlarvt sie Till Eulenspiegels unausgesprochene Forderung nach einer Vereinfachung und Konkretisierung der Sprache als ebenso absurd wie seine Taten. Die detailreichen Zeichnungen und die sinnbildhaften Linolschnitte laden gleichermaßen ein, bei eingehender Betrachtung die Fantasie schweifen zu lassen. Das Künstlerpaar hat einen Kosmos von ebenso modernen wie zeitlosen Bildern geschaffen. Die beiden Bücher zum Thema Till Eulenspiegel sind durch die akribisch gestalteten Schriftblätter mit weißer Schrift auf rotem Grund strukturiert. Wem die Entzifferung der Handschrift allerdings zu mühsam ist, findet die behandelten Historien von Hermann Bote auch als normal gesetzten Text. Im Großformat von 33 x 24 cm auf leicht strukturiertem, nahezu kartonstarken Papier wird das Betrachten dieser bibliophilen Bücher auch zu einem haptischen Erlebnis. Till Eulenspiegel 1 und 2 sind zusammen für 34,80 Euro zu erhalten.