Beschreibung
Die Herausbildung einer Opposition in Ungarn ab den 1970er Jahren trug wesentlich zur Pluralisierung von Staat und Gesellschaft am Ende der 1980er Jahre bei und war somit eine wichtige Grundlage für die Beseitigung des kommunistischen Systems und die Etablierung einer parlamentarischen Demokratie. Die allgemeinen Aktivitäten der ungarischen Opposition sind zwar weitgehend aufgearbeitet, eines ihrer wichtigen Elemente ist jedoch im deutschsprachigen Raum noch unbekannt, nämlich die Existenz und das Wirken der Freien Montagsuniversität in Budapest. In ihrem Rahmen versuchte die ungarische Opposition eine vom sozialistischen Staatsapparat unabhän¬gige Gegenöffentlichkeit zu etablieren und sie mit Hilfe von Vorlesungen und Seminaren sowie schriftlichen Samizdat-Erzeugnissen wissenschaftlich-publizistisch zu unterfüttern. Der ungarische Staatssicherheitsapparat ver¬suchte dieses oppositionelle Instrument zu verfolgen, zu behindern und zu verhindern.
Die vorliegende Publikation stellt die Entstehung, Organisation, Inhalt und Umfang der Freien Montagsuniversität sowie die Gegenmaßnahmen der Staatssicherheitsabteilung III/III dar. Dabei werden vor allem die binnenungari¬schen Entwicklungslinien nachgezeichnet, zugleich aber auch die internationalen sowie blockinternen Verbindun¬gen insbesondere nach Polen beachtet. De Verfasser zeichnet die Wohnungsvorlesungen von ihren Anfängen in 1970er Jahren bis zur ihrem Auslaufen Mitte der 1980er Jahre nach. Hierzu bezieht er alle verfügbaren Objektakten der Staatssicherheit ein und präsentiert davon 17 in deutscher Übersetzung. Die ungarischen Originale sind als Faksimile abgedruckt. Ein umfangreicher biographischer Teil erschließt dem deutschen Publikum die Lebenswege der Hauptakteure des Untersuchungszeitraums, darunter so bekannter Persönlichkeiten wie István Bibó, György Dalos, Gábor Demszky, Miklós Haraszti, Ágnes Heller und György Konrád.