Beschreibung
Das Ereignis, um das Armins Sensers neues Buch kreist, liegt dreißig Jahre zurück: der Selbstmordversuch des Bruders. Nach Jahren des Vergessens brechen 2017 plötzlich Erinnerungen an jenen Tag auf, und der Autor versucht zu rekonstruieren, wie das damals genau war. Was außer sein Zittern beim Halten der rauen Hand des weinenden Bruders im Spital ist ihm sonst noch in Erinnerung? Wie fühlte sich das damals an? Und wieso hat er den Kontakt zum Bruder verloren? Kontrastiert wird diese Erinnerungsarbeit von aktuellen Medienberichten über Terroranschläge, Selbstmordattentate und Naturkatastrophen - jener Bilderflut, die letztlich nicht Anteilnahme, sondern Distanz schafft zum Horror, von dem sie berichtet. 'Auf der Flucht ermordete Menschen, die keine Namen haben. Kinder, die bloß als Zahl erscheinen. Als Kadaver. Als Satz. Als Überschrift. Schlagzeile.' Armin Sensers Der ich bin bewegt sich gekonnt zwischen persönlich erlebten und medial vermittelten Katastrophen, dem erinnerten Schrecken, dem man nicht entkommt, und dem alltäglichen, pervertierten Schock, der oberflächlich bleibt, und verhandelt so die Frage nach dem Sinn von Schrecken, Leiden und Vergessen neu.
Autorenportrait
Armin Senser, geb. 1964 in Biel, Schweiz, lebt in Berlin. "Sensus. Chronik des Scheiterns" (Edition Korrespondenzen 2016) und "Der ich bin. Chronik des Vergessens" bilden die ersten zwei Bände einer vom Autor geplanten autobiographischen Trilogie.