Beschreibung
Er war ein großer Europäer und ein scharfsinniger Kommentator dessen, was die angebliche Randstellung und die Umbrüche seines Heimatlandes Ungarn ausmacht, wer sie definiert und wie man sich ihnen gegenüber verhält. Alswortmächtiger postmoderner Romancier und Erzähler nicht nur seiner wechselvollen Familiengeschichte hat Péter Esterházy sich international einen Namen gemacht. Aber auch in weithin wahrgenommenen Zeitungsartikeln hat ersich als Intellektueller selbstbewusst »Aus dem Elfenbeinturm« über »Leben und Literatur« geäußert, Bücher - von Imre Kertész und Péter Nádas bis hin zu Per Olov Enquist und Umberto Eco - diskutiert und voller Witz »Problems of dö raiter tudej« erörtert. Dabei ergreift er auch das Wort zupolitischen Themen, bezieht Stellung gegen den aufkommenden ungarischen rechtskonservativen Nationalismus und die mangelnde Verarbeitung der kommunistischen Diktatur. Endlich auch auf Deutsch zu entdecken ist Péter Esterházy als Essayist, der brillant und eigensinnig, polemisch und differenziertfür die Wahrheit eintritt und schon vor vielen heutenoch virulenten Entwicklungen hellsichtig gewarnt hat.
Rezension
Mit Péter Esterházy verstarb 2016 einer der bedeutendsten ungarischen Autoren der Gegenwart. Sein umfangreiches Werk ist vielfach übersetzt, auch hier oft besprochen (zuletzt "Die Flucht der Jahre", eine Art biografisches Interview, sowie "Bauchspeicheldrüsentagebuch" über das letzte Jahr seines Lebens, beide in ID-A 20/17). Er war nicht nur als Romancier, sondern auch als Essayist ungemein produktiv: Insgesamt 7 Bände umfasst sein publizistisch-essayistisches Werk auf Ungarisch. Der jetzt auf deutsch vorliegende Band enthält in 6 lose thematisch gruppierten Kapiteln eine Auswahl von ca. 70 Essays der Jahre 1985-2015. Diese zeigen Esterházy als engagierten Zeitgenossen, der sich kritisch und pointiert, aber stets geistreich und auch unterhaltsam zu gesellschaftlichenund politischen Debatten, zu "Leben und Literatur" oder "Europa" (2 der Kapitel) zu Wort gemeldet hat. Sorgfältig ediert, mit Anmerkungen und Nachwort der Übersetzerin Heike Flemming versehen, die auch die Textauswahl besorgt hat, sind diese leichtfüßigen undzugleich so tiefgründigen Texte ab mittleren Beständen sehr empfohlen. Dorothea Trottenberg
