Beschreibung
Jacomo Robusti 'tentor' – der Färber, wie sich der Maler Tintoretto in selbstsicherer Bescheidenheit bisweilen zu nennen liebte, schuf ein schillernd abwechslungsreiches, aber auch uneinheitliches Œuvre, das alles andere als vollständig zusammengetragen, auf Eigenhändigkeit gesiebt, geschweige hinreichend gedeutet ist; seine Reibung mit dem Titanen Tizian, die Rezeption des manieristischen Erbes Michelangelos, der Stellenwert, die Persönlichkeiten und Hierarchien innerhalb der Bottega, Jacopos Biographie, sein gesellschaftliches Umfeld und namentlich sein über Jahrhunderte hinweg unterschätzter geistiger und kultureller Horizont harren weiterhin vertiefender Studien, deren mosaikartige Zusammensetzung im Chor internationaler Stimmen vielleicht doch einmal erlauben wird, dem "großen Unbekannten" über die Schulter zu blicken.
Des Autors Beitrag in Form von zusammengetragenen Miszellen sieht sich als "Myzel", als befruchtender Pilzboden noch zu leistender Forschung. Die Auswahl der hier versammelten Beiträge zur Tintorettoforschung umfaßt einen Zeitraum von über 30 Jahren Beschäftigung mit Leben und Werk Jacopo Robustis. Die ersten Aufsätze widmen sich vornehmlich dem verstreuten Komplex der "Markuswunder" für die ehemalige Scuola Grande di San Marco, eines der am reichsten ausgestatteten Laienbruderschaftslokale Venedigs; sie beleuchten deren Auftraggeberschaft und hypothetische Porträtistik, nicht ohne an ein Schlüsselbild der Frühzeit, die römische Adultera Chigi, anzuknüpfen, dank welcher die kompositionelle bzw. perspektivische Analyse der gesamten Serie verständlich gemacht werden soll. Die Raum rezipierende und konzipierende, die gestaltungstechnische, ikonographische und selbstdarstellerische Arbeitsweise des Meisters wird in Einzelarbeiten angegangen. Ältere und jüngere Essays und Rezensionen ergänzen den Horizont bis hin zur Kommentierung des Tintoretto-Jahres von 1994 mit einem Ausblick auf das kommende Jubiläum von 2018/19. Verschiedene bereits erschienene Beiträge erhielten ein dem aktuellen Forschungsstand angepaßtes Gewand und scheuen nicht die Konfrontation mit Neu- und Umbewertungen, denen das Gesamtwerk des Venezianers neuerlich ausgesetzt ist.