Beschreibung
Lamia ist eine alleinstehende Ärztin in den besten Jahren. Ihr jüngerer Bruder ist ein "Harraga" - seine Spur verliert sich irgendwo auf dem Weg ins Gelobte Land Europa. Lamia hatte Glück, zur rechten Zeit am rechten Ort bekleidet sie einen leitenden Posten in einem Kinderkrankenhaus in Algier. Aber die Arbeitsbedingungen sind trostlos, die Lebensverhältnisse miserabel. Und weil Engagement unerwünscht ist und zu nichts führt, hat Lamia sich mit ihrem eintönigen Leben arrangiert. Ihre Träume und Hoffnungen sind längst verblasst. Als eines Tages eine unbekannte 16-Jährige vor der Tür steht, gerät Lamias angepasstes Leben vollkommen durcheinander: Chérifa scheint aus einer anderen Welt zu kommen. Getrieben von purer Lebensfreude rebelliert sie gegen alle Bräuche und schert sich einen Teufel darum, was eine junge Frau in der islamischen Welt tun darf oder besser bleiben lässt. Und schon bald kommt es zu einem folgenschweren Streit. Eine bewegende, bei aller Tragik hoffnungsvolle Hommage an die Frauen Algeriens.
Autorenportrait
Boualem Sansal, Jg. 1948, ist einer der bekanntesten zeitgenössischen Autoren Nordafrikas. Er begann seine literarische Laufbahn 1999 mit dem Roman "Der Schwur der Barbaren", der mit allen relevanten Literaturpreisen Frankreichs ausgezeichnet wurde. Bis zu seiner Entlassung im Jahr 2003 war Boualem Sansal Direktor des algerischen Industrieministeriums. Spätestens seit der Veröffentlichung seines Essays "Postlagernd: Algier" gilt er in seiner Heimat als persona non grata. Dennoch lebt er weiterhin in Algerien. Boualem Sansal erhält 2011 den Friedenspreis des Deutschen Buchhandels.
Rezension
"Der Roman entwickelt sich zunächst fast unmerklich, aber mit starkem Sog zu einer Art Thriller: Die Ärztin versucht das verschwundene Mädchen aufzuspüren, was ihr auch gelingt. Dabei erfährt sie die Geschichte dieses Kindes, das u. a. in der Macho-Welt Algeriens als minderjährige Prostituierte für einflussreiche Freier benutzt worden war. Inhaltlich ist der Roman keine leichte Kost, wäre da nicht Sansals genialer Sinn für die Tragikomödie. Das ist Literatur, die einen schwindlig macht, - ein unglaublicher Genuss. Sansals Sprache erinnert an die der großen Südamerikaner, besonders an die des ‚magischen Realismus’ von Gabriel García Márquez." (Lutz Bunk, Deutschlandradio Kultur)