Beschreibung
„Mensch sein, Herz haben, sich empören!“: drei Forderungen, die wesentlich sind nicht nur in seinem Aufsatz „Appell an den Geist“, sondern für das gesamte Leben und Werk des 1934 von den Nazis er-mordeten Schriftstellers Erich Mühsam. Mühsam war Menschenfreund, Querkopf, Schriftsteller, Dichter, Herausgeber, Redakteur, Kabarettist, Bohèmien und Anarchist. Sperrig, in keine Schublade passend, durchdringen sich bei Mühsam die verschiedenen Facetten seiner Persönlichkeit und seines politischen und literarischen Tuns auf einzigartige Weise.
Früh bekannte er sich zum Prinzip der Verweigerung: „Nolo will ich mich nennen – nolo: Ich will nicht! Nein, ich will in der Tat nicht! Nein, ich will nicht mehr all die unnötigen Leiden sehn, deren die Welt so übervoll ist; mich all den Torheiten fügen, die uns die Freude rauben und das Glück; in all den Ketten hängen, die unsere Füße hindern auszuschreiten und unsere Hände zuzugreifen. Ich will nicht mehr mit ansehen, wie ungerecht und chaotisch des Lebens höchste Güter – Kunst und Wissen, Arbeit und Genuss, Liebe und Erkenntnis – verstreut liegen. Ich will nicht mehr – nolo!“ (1902, in der Zeitschrift „Der ar-me Teufel“), zeitlebens zur Maxime der Unbeugsamkeit. In seinem während der Haft verfassten Gedicht-band „Brennende Erde“ finden sich die Zeilen:
„Ich hab‘s mein Lebtag nicht gelernt,
mich fremdem Zwang zu fügen.
Jetzt haben sie mich einkasernt,
von Heim und Weib und Werk entfernt.
Doch ob sie mich erschlügen: Sich fügen heißt lügen!“
Pazifistisch, links, jüdisch: das war zu viel für die Nazis. Als sie 1933 an die Macht kamen, verhafteten sie ihn noch in der Nacht des Reichstagsbrandes in Berlin. Die SS-Wachmannschaft des KZ Oranienburg ermordete ihn nach monatelanger Folter.
Die Titel der drei Anthologien der Achten Berner Bücherwochen sind Mühsams Texten entnommen. Im Rahmen des Bücherwochen-Begleitprogramms wer-den auch – mit den Referenten Ulrike Migdal und Markus Liske – zwei Vorträge zu Erich Mühsam an-geboten. Damit wollen die Berner Bücherwochen ihren Beitrag leisten zur Wiederbefassung mit einer historischen Persönlichkeit, wie wir sie mit deren Aufrichtigkeit, analytischer Schärfe, Begeisterungsfähigkeit, Herzenswärme und Menschenliebe heute bisweilen schmerzlich vermissen.
Die in der Anthologie vertretenen AutorInnen:
Anne Abelein, Silke Abendschein, Arne Arngast, Wolfgang Asche, Andrea Balnat, Thomas Bartsch, Janine Baruschke, Franziska Bauer, Katharina Bauer, Heinrich Beindorf, Silvia Berger, Susy Bergmann, Helmut Blepp, Rolf Blessing, Jonathan Böttcher, Sabine Brandl, Natalia Breininger, Olaf Bröcker, Norbert Büttner, Tina Cakara, Nicoleta Craita Ten‘o, Julia de Boor, Steffen M. Diebold, Detmar Dirks, Frederik Durczok, Steffi Endemann, Wiebke Endres, Patricia Falkenburg, Markus Fegers, Bengt Früchtenicht, Mateusz Gawlik, Agnes Gerstenberg, Ulf Großmann, Norbert Harms, Verena Hopp, Erika Huppert, Hannelore Imsande, David Jacobs, Stefanie Jerg, Marlies Kalbhenn, Thomas Keller, Christine Kitzinger, Cornelia Koepsell, Katharina Körting, Thomas Krause, Luzian Krautstein, Monika Kühn, Margret Küllmar, Klaus Ledebur, Angelika Lichteneber, Hans-Hermann Mahnken, Jos F. Mehrings, Hans Meinen, Ulrike Migdal, Christian Müller, Miklos Muhi, Sabine Näckel, Alfred H. M. Nehring, Artur Nickel, Lisa F. Oesterheld, Manuela Pfann, Jürgen Quadfasel, Leonie Rauth, Kathrin Reimer, Antonia Reissner, Renate Maria Riehemann, Yaka Saine, Ines Schepker, Laura Schiele, Sonja Schirmer, Clemens Schittko, Erika Schmidt, Sigune Schnabel, Eva Schönherr, Jenny Schon, Angela Schwarz, Vanja Simeonova, Georg Skrypzak, Anke Stroman, Christa Thiekötter, Anja Rosa Thöming, Daniel Thüroff, Nina Tröger, Ruth Tüscher, Irene Ullrich-Leimbach, Olaf Urban-Rühmeier, Wolfgang Uster, Wolfgang Weinlechner, Detlef Wendt, Ulrike Wieters-Wilcke, Jens Wohlkopf, Marina Zander