Beschreibung
Richard Huelsenbeck, der Chronist der Dada-Bewegung, beschrieb Raoul Hausmann als den führenden Kopf von Dada Berlin, als einen vielseitig interessierten Alleskönner, der sich auch mit der Wissenschaft seiner Zeit beschäftigte. In der Tat experimentierte Hausmann in den zwanziger Jahren nicht nur mit visueller Dichtung, Lautpoesie, Fotografie und Collage, sondern rezipierte auch eine Vielzahl von wissenschaftlichen Theorien wie die damals populäre Welteislehre und studierte neue Technologien wie die Fotozelle. Er bemühte sich, eine 'optophonetische ' Weltanschauung zu entwickeln, die kosmologische Vorgänge, moderne Medientechnologie und das menschliche Leben in Einklang bringen sollte: 'Wir fordern die Erweiterung und Eroberung aller unserer Sinne.'
Arndt Niebischs sorgfältig kommentierte Edition bisher ungedruckter Texte aus dem Raoul-Hausmann-Archiv der Berlinischen Galerie zeigt, wie sehr Hausmann daran interessiert war, die menschliche Physiologie auszubauen, Medientechniken zu optimieren und eine Kosmologie zu entwickeln. Hausmanns wissenschaftliche und technische Texte legen eine Vielzahl verschütteter Quellen offen, die zentral sind für die Verbindung von Physiologie und Medientechnologie in der Avantgarde und so einen wichtigen Teil einer Geneaologie der gegenwärtigen multimedialen Kunst darstellen. Den Abschluss dieses Bandes bildet der Briefwechsel zwischen Raoul Hausmann und dem Ingenieur Daniel Broido über die Patentrechte an ihrer gemeinsam entwickelten Rechenmaschine. Mit einer Einführung ins Hausmann-Archiv von Ralf Burmeister (Berlinische Galerie).
Autorenportrait
Raoul Hausmann, 1886–1971, gehörte der Dada-Bewegung in Berlin an. Er gilt als Pionier der Fotomontage, schuf Gemälde und Plastiken, experimentierte mit Fotografie und Lautdichtung, verfasste Manifeste und den Roman Hyle. Ein Traumsein in Spanien. Er emigrierte 1933 und lebte von 1938 bis zu seinem Tod weitgehend isoliert in Limoges. Das bei seiner Emigration hinterlassene Archiv befindet sich heute in der Berlinischen Galerie, Landesmuseum für Moderne Kunst, Fotografie und Architektur.Arndt Niebisch, 1975 geboren, hat in Münster und Baltimore studiert und 2007 seine Promotion am Department of German and Romance Languages and Literatures der Johns Hopkins University abgeschlossen. Er lehrt an der University of North Carolina in Greensboro.