Beschreibung
24 1/2 Bände umfassen die Abenteuer von Tim und Struppi ("Les Aventures de Tintin"), die der belgische Autor und Zeichner Georges Remi, genannt Hergé, von 1929 bis zu seinem Tod im Jahr 1983 gestaltete (den 25. Band, "Tim und die Alphakunst", konnte er nicht mehr vollenden). Das Wort "Klassiker" für diese Serie ist eine Untertreibung. Doch "Tintin" ist weit mehr als eine Abenteuerserie, die die franko-belgische Comic-Kultur maßgeblich beeinflusste: Es ist die Arbeit, die den Stil der "ligne claire" begründete, es ist das Konzept der Verbindung von Abenteuer, Komik und Satire, die prägend wurde für die grafische Kunst in Europa, es ist der Held, der in allen Medien, als Realfilm, als Animationsserie, als Roman-Gestalt, als Zitat in der Kunst, als Plastikfigur etc. reüssierte, und es ist eine Weltsicht, über die sich die "Tintinologen" dieser Welt den Kopf zerbrechen: voller Zeitgeist, Widerspruch und sogar Abgrund. Nun hat sich der amerikanische Regisseur Steven Spielberg seinen Traum erfüllt und einen, nein, natürlich den großen "Tintin"-Film gedreht (der im Buch selbstredend ausführlich erörtert wird). Allerspätestens jetzt ist klar: "Tintin" gehört zum Weltkulturerbe.
Das Buch verfolgt die Entstehungsgeschichte des "Tintin"-Kosmos, stellt einige der unbekannteren Regionen darin vor (wie etwa einen bezaubernden "Tintin"-Puppenfilm), erklärt den Einfluss von Hergés Konzept der "klaren Linie" und des "erzählenden Comic" auf die Entwicklung der grafischen Künste und die Mythopoetik der Welt um Mühlenhof, und scheut auch die Kritik nicht gegenüber einer Weltsicht, die gelegentlich durchaus propagandistische und rassistische Elemente enthält.
"Tintin, und wie er die Welt sah" ist das Buch für kritische Fans und begeisterte Kritiker des findigen Reporters und seiner Freunde, eine kleine Reise ins Innenleben eines Helden vom Rang von Odysseus, Siegfried, Popeye und den Beatles. Tintin bekommt keinen Heiligenschein, noch wird er vom Sockel der popkulturellen Monumente gestoßen, doch eine gehörige Portion Aufklärung muss er sich gefallen lassen.
Autorenportrait
Georg Seeßlen, geboren 1948, zählt zu den angesehensten und bekanntesten (Film-)Publizisten. Texte über Film, Kultur und Politik für "Die Zeit", "Der Spiegel", "taz", "Konkret", "Jungle World", "epd Film" u.v.a. Seminare und Gastvorlesungen an Hochschulen in München, Siegen und Marburg. Hörfeatures (zusammen mit Markus Metz) u.a. über die Soundtracks der Tarantino-Filme, über Comic & Film, Batman und Superman.
Rezension
"Unerlässlich für Hergé-Fans." (Neue Zürcher Zeitung) -- "Die Analyse von Tintin und dessen realem wie fiktivem Umfeld erfolgt mit entschiedener Strenge, aber auch subtiler Freude am Thema. Gestützt auf eine ungeheure Sachkenntnis dreht der Autor fast jeden Stein im Tintin-Kosmos um, findet Religionsthematik und Genderproblematik, begibt sich auf hermeneutische Spurensuche und landet immer wieder bei der Semiotik. Tintin ist eben nicht nur eine Zeichnung, sondern auch ein Ikon." (academicworld.net)