Beschreibung
In allen großen Religionen existierte von Beginn an neben der orthodoxen, exoterischen immer auch die esoterische Sichtweise, eine individuelle und psychologische Suche nach den letzten Fragen der menschlichen Existenz. Im allgemeinen Sprachgebrauch verwendet man den Begriff der Mystik, unter dessen Anziehungskraft mittlerweile weit mehr Bedeutungen und Ansichten versammelt sind, als sich die christlichen Kirchenväter wie z. B. Origines hätten träumen lassen. Ausgeweitet auf Formen esoterischer Bewegungen finden Anschauungsweisen und Positionen, die weit über das rein Christliche hinausragen, in der Rede von der Mystik ihre Wahlheimat. Zuerst ist zu erwähnen, dass sich diese Arbeit mit einem bestimmten Bild des Mystikers beschäftigen wird, wie wir ihn vor allem im Mittelalter des europäisch-christlichen und des islamischen Kulturraums auffinden können. Dieser ist tief bewegt von der lebendigen Kraft seiner religiösen Kultur und der persönlichen Sehnsucht nach Wahrhaftigkeit und der intellektuellen Suche nach klaren Antworten die beginnt, ihn selbst in Frage zu stellen. Dazu gehört eine Untersuchung der kulturellen und intellektuellen Ursprünge in den Mysterienkulten und philosophischen Schulen der Antike, deren weitreichender Einfluss bis heute nachwirkt. Im Mittelpunkt dieser Arbeit steht mit Al-Ghazali eine herausragende Persönlichkeit der islamischen Welt, die es in unvergleichlicher Weise verstand, in ihrem Leben und Werk einen Synkretismus aus islamischer Dogmatik, griechischer Philosophie und esoterischer Weisheitslehre zu schaffen, deren Auswirkungen auf das muslimische Denken vergleichbar sind mit den großen Werken Thomas von Aquins oder Moses Maimonides. Ausgehend von Al Ghazali wird eine komparative Analyse der muslimischen und der evangelischen Mystik erfolgen.