Beschreibung
Über viele einschneidende Vorkommnisse wird in der kleinen Familie des angesehenen Zahnarztes Dr. Henry Z. in Genf nicht gesprochen: nicht über die Gründe der häufigen Wohnungswechsel, nicht über die zusehends abnehmende Zahl von Hausangestellten, nicht über den plötzlichen Verzicht auf ein Auto, nicht über die Muttersprache des Vaters. "Woher kommt eigentlich dein ungewöhnlicher Familienname?", wird die kleine Yvette von ihren Schulkameradinnen in der Privatschule gefragt und gerät dabei in peinliche Verlegenheit. Woher stammt der Vater wirklich?
Yvette Z'Graggens Spurensuche führt in ein enges Tal in der Innerschweiz, von Genf meilenweit entfernt, fremd und ungewohnt. Es entsteht das brüchige Porträt einer Familie, deren Geschichte beispielhaft einen Teil der schweizerischen Sozialgeschichte widerspiegelt: eine Geschichte von Armut und Not, von menschenunwürdigen Arbeits- und Wohnverhältnissen sowie der existentiellen Notwendigkeit zur Migration im eigenen Land oder in die Fremde.
Yvette Z'Graggen gelingt es, im Nachforschen über die eigenen familiären Wurzeln sensibel und eindrücklich individuelle Schicksale zu beschreiben, die wohl auch als exemplarisch für ihre Zeit gelten können. Lebenswege, die von Disziplin, Anstrengung, Anpassungsfähigkeit und Hartnäckigkeit, aber auch von Lebenslust, Risikobereitschaft und Übermut geprägt sind.
Autorenportrait
Yvette Z'Graggen (1920–2012), aufgewachsen in Genf. Nach langjähriger Tätigkeit beim Internationalen Komitee vom Roten Kreuz war sie als Übersetzerin und als Mitarbeiterin von Radio Suisse Romande tätig. Mit vierundzwanzig Jahren veröffentlichte sie ihren ersten Roman. Seither publizierte sie zahlreiche Werke – Romane, Erzählungen und Hörspiele –, von denen etliche ins Deutsche übersetzt wurden. Für ihr Werk wurde Yvette Z'Graggen mehrfach ausgezeichnet, u.a. erhielt sie 1951 für ihren Roman "L'Herbe d'octobre" ("Oktobergras") und 1996 für ihr Gesamtwerk den Preis der Schweizerischen Schillerstiftung sowie für die Erzählung "Les Années silencieuses" ("Die Jahre des Schweigens") 1982 den Preis der Genfer Schriftstellergesellschaft. Ihr Roman "La Punta" wurde 1992 mit dem Prix des Auditeurs de la Radio Suisse Romande gewürdigt.
Rezension
"Eine spannend erzählte Sozialgeschichte vom Aufstieg aus armen Verhältnissen und vom Absinken in jene Kreise, wo man täglich ums Überleben kämpfen muss." (P.S.)