Beschreibung
Ernst Ludwig Kirchners Œuvre zählt zum festen Bestand des 20. Jahrhunderts. Das Jahr 1917 bildet einen Wendepunkt im Leben und Schaffen des 1880 geborenen Künstlers. Körperlich und psychisch am Ende, hat er panische Angst vor einer Einberufung in den Kriegsdienst. Eberhard Grisebach, ein gleichaltriger Förderer Kirchners, ist der Schwiegersohn des Davoser Chefarztes Lucius Spengler. Er leitet eine Übersiedlung des Künstlers von Berlin in den Schweizer Höhenkurort in die Wege, wo Kirchner in der Folgezeit bis zu seinem Freitod im Jahr 1938 lebt. Die Sommermonate der Jahre 1917–1920 verbringt er auf der Stafelalp, einer kleinen Geländeterrasse unweit von Davos. Thomas A. Müllers vorliegende Darstellung setzt sich erstmals umfassend damit auseinander, wie der urbane Bohémien auf die Gebirgswelt trifft und in der Folge den dortigen Mikrokosmos erlebt, reflektiert und gestaltet. Dabei begegnen uns in großer Deutlichkeit Lebensthemen des Künstlers: die Gabe der Adaption, sein Schaffensdrang, Krankheit und Sucht, Einsamkeit und Verbindungen zu anderen Menschen, die Suche nach einer gültigen Lebensform und die Sehnsucht nach einer intakten Welt. Müller gelingt es, Kirchners Aufenthalte auf der Stafelalp in einen biographischen, werkgeschichtlichen und kunsthistorischen Zusammenhang zu stellen, der für den interessierten Laien ebenso faszinierend ist wie für Leser, die mit Kirchners Leben und Werk schon vertraut sind.
Autorenportrait
Dr. Thomas A. Müller, Jahrgang 1961, studierte an der Universität Zürich. Lizentiat in Philosophie, Germanistik und Kunstgeschichte. Promotion an der Universität Zürich mit einer Arbeit über Friedrich Nietzsche. Aus- und Weiterbildungen in Betriebswirtschaftslehre, Erwachsenenbildung und Organisationsentwicklung, u. a. an der Universität St. Gallen (HSG) und am Management Center Vorarlberg. Mitbegründer der Akademie St. Gallen, als Kommunikations- und Führungsfachmann Dozent, Berater und Coach. Autor von Fachbüchern und -artikeln, zuletzt "Von Troja bis PSYOPS. Facetten der psychologischen Kriegsführung" (ibidem-Verlag, 2011).