Beschreibung
Der Rassenanthropologe Henning von Rittersdorf ist eine fiktive Gestalt. Aber es hätte ihn geben können. Er ist der Idealtypus eines deutschen Wissenschaftlers, der durch drei politische Systeme hindurchmäandert ist, sich mühelos in das »Dritte Reich« eingefügt und kaum mühevoller wieder herausgefunden hat. 1969 legte er eine Dokumentensammlung als Beweis vor, dass er stets ein Wissenschaftler gewesen sei, der nur der »Sache« gedient habe, »missbraucht« durch die Nationalsozialisten. Doch durch Streichungen, Kommentare und Randbemerkungen verlor er die Deutungshoheit über sein Material und bestätigte ungewollt seine tiefgehende Verstrickung in den Nationalsozialismus.
Thomas Etzemüller bietet eine lebendige, doku-fiktionale Innensicht aus dem Leben eines Rassenanthropologen. Und macht deutlich, wie romanhaft die zugrunde liegende Realität gewesen ist — gleichwohl sie fürchterliche, reale Effekte gezeitigt hat.
Rezension
»Im Seminar mit Studierenden lässt sich das Buch nutzen, um über gegenwärtige Konstruktionsprozesse von Geschichte nachzudenken und über die Rolle von Historiker:innen in diesen.«
Benet Lehmann, H-Soz-u-Kult, 22.09.2022
O-Ton: »Der Rassentheoretiker, den es nicht gab« - Thomas Etzemüller im Gespräch beim Podcast ›Was wäre gewesen?‹ von L.I.S.A. Wissenschaftsportal Gerda Henkel Stiftung am 08.09.2022.
O-Ton: »Dürfen Wissenschaftler*innen Quellen erfinden?« - Thomas Etzemüller im Gespräch beim Podcast ›House of Modern History« am 07.04.2022.
Besprochen in:
Zeitschrift für Geschichtswissenschaft, 6 (2022), Florian G. Mildenberger
Berliner Debatte Initial, 3 (2022), Michael Pesek
Historische Zeitschrift, 315 (2022), Ralph Höger