Beschreibung
Erstmals wird die Wissenschaft vom Verbrechen in Theorie und Praxis, von ihren Anfängen um 1880 bis in gegenwärtige Entwicklungen hinein untersucht.
Am Ende des 19. Jahrhunderts hatte der Glaube an die Erklärbarkeit der Welt durch die Naturwissenschaften auch das Feld der Kriminalität erobert: Psychiater, Juristen und Strafrechtspraktiker sahen es als erwiesen an, Straftäter aufgrund ihres Erbguts unterscheiden zu können. Dem sozialen Milieu eines Straftäters kam aus Sicht der Kriminalwissenschaftler häufig nur eine »tatauslösende« Funktion zu. Doch erst in der NS-Diktatur wurde die Forderung nach »Unschädlichmachung« von »unverbesserlichen Gewohnheitsverbrechern« ins Werk gesetzt. Das Ziel der Resozialisierung verschwand hingegen aus der Kriminalpolitik.
Erst seit Ende der fünfziger Jahre des 20. Jahrhunderts begann sich das kriminologische Denken grundlegend zu wandeln. Mit Kriminalbiologie teilweise eng verbundene nationalsozialistische Ansätze wurden zurückgewiesen und tradierte kriminalwissenschaftliche Deutungen kritisiert. Auf der Suche nach Alternativen beriefen sich Kriminalwissenschaftler zunehmend auf soziologische und psychoanalytische Erklärungsmodelle. Der Weg war frei, Kriminalität als ein gesellschaftlich-normatives Phänomen zu interpretieren.
Autorenportrait
Imanuel Baumann, geb. 1974, Studium der Neueren und Neuesten Geschichte, Literatur- und Kunstgeschichte in Freiburg. 2004 Promotion. Seit 2005 Mitarbeiter der Stiftung Gedenkstätten Buchenwald und Mittelbau-Dora.