Beschreibung
Der modernen Gesellschaft wird häufig attestiert, sie habe die Kontrolle über ihre Zeit verloren und könne der ständigen Beschleunigung und der Pluralität aus Echtzeit, Eigenzeit, Weltzeit, Hyperzeit, Zeitzonen und Zeitinseln nicht mehr beikommen. Die Publikation geht der Frage nach, wie sich diese viel beschworene Zeitkrise auf die deutschsprachige Gegenwartsliteratur auswirkt. Im Zentrum der Untersuchung stehen exemplarisch die Romane Die letzte Welt (Ch. Ransmayr), Die Ringe des Saturn (W.G. Sebald) und Melodien (H. Krausser). Alle drei Texte zeichnen sich durch komplexe Zeitstrukturen aus, die die Grenzen zwischen den zeitlichen Ebenen verschwimmen lassen, Ereignisse netzwerkartig miteinander verbinden und das Konzept einer chronologisch verlaufenden Entwicklung außer Kraft setzen. Die entstandenen Texte sind nicht mehr nur tales of time, sondern vielmehr tales about time, die gleichzeitig auch vom Ringen ihrer Protagonisten mit der neuen Zeitlichkeit erzählen. Die vorliegende Arbeit will auf Grundlage von Bachtins Chronotopos-Theorie einen ganzheitlichen Blick auf die Zeitstruktur der Romane erreichen, indem sie anerkennt, dass zeitliche Phänomene nie isoliert stehen, sondern immer an bestimmte räumliche Konkretisierungen gebunden sind und dass Zeit und Raum immer erst in der wechselseitigen Beziehung zueinander mit Sinn erfüllt werden.
Autorenportrait
Angelika Frey hat Lateinische Philologie, Archäologie, Germanistik sowie Allgemeine und Vergleichende Literaturwissenschaft in Regensburg studiert. Mit der vorliegenden Arbeit wurde sie 2017 an der Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt a.M. promoviert.