Beschreibung
Wie ein Betonbunker, sagt Peter Handke, erscheine ihm die Sprache Martin Heideggers. Was die Abwehrgeste verschweigt, ist eine enge geistige Verwandtschaft. Seit Mitte der 1970er Jahre sind Indizien einer nachhaltigen Auseinandersetzung belegbar. Den entfremdeten Protagonisten wird die Natur der unscheinbaren Dinge zum heilsamen Ereignis. Aufgabe des Dichters ist die adäquate Realisierung der flüchtigen Gegenwart des Seins im Unterwegssein. Die vorliegende Arbeit analysiert, wie aus dem Frühwerk heraus um 1980 eine literarische Onto-Phänomenologie entsteht, die sich bis Ende der 1990er Jahre verfeinert. Der anfängliche Totalitätsanspruch schlägt um in eine Dialektik der ästhetischen Differenz, die auf das Finden aus ist und dem Verlieren unterliegt, denn, so Heidegger, der Ursprung übertrifft sich im Entspringenlassen und genügt sich selbst nie. Aus der projektierten Heimkehr ins Heil wird eine Poetik des permanenten Aufschubs und der epiphanen Leere, die, gegen Derridas Begriff von différance, am Ursprungsdenken festhält. Neben Parallelen zu Heidegger skizziert die Untersuchung das weitere literarisch-philosophische Bedingungsfeld des Gedankenassimilators Handke: von Adorno bis zum Taoismus, von Goethe bis zu Musil. Das Dichten ist ein Finden, schreibt Heidegger. Handke würde entgegnen: nur der Versuch einer Ankunft. Die Dichtung erzählt, im Sinne der Moderne, von der ausgehaltenen, auszuhaltenden Differenz.