Beschreibung
Queer Reading ist eine Methode, die die Konstruktionen des Geschlechts und des Begehrens lesbar macht. Eine queere Lektüre öffnet etwa den Blick dafür, wie ,Heterosexualität' als postulierte soziale Norm in Texten stetig untergraben wird, und ermöglicht die Entdeckung homoerotischer oder homosexueller Subtexte. Ziel ist allerdings nicht, im Gegenzug andere Identitäten zur Norm zu erklären oder Autor*innen und Figuren Prädikate wie ,homosexuell' oder ,transsexuell' zuzuschreiben. Vielmehr legt Queer Reading ein ,anderes Begehren' offen, das nicht den Äußerungen der Figuren und unseren Erwartungen entspricht. Es erweitert so unseren Horizont und bedeutet damit eine Bereicherung jeder literaturwissenschaftlichen Arbeit. Das Studienbuch verdeutlicht anhand von Lektüren ganz unterschiedlicher Prosa, wie ein Text queer gelesen werden kann, und will seine Leser*innen ermutigen, sich Leitlinien zu erarbeiten, mit denen sie Texte selbst queer lesen können. Das Buch leistet neben der Methodendiskussion auch einen Beitrag zur Erforschung kanonisierter Autor*innen und Werke aus neuer Perspektive.
Autorenportrait
PD Dr. Katja Kauer ist Privatdozentin der Otto-von-Guericke Universität Magdeburg. Seit 2012 vertritt sie literaturwissenschaftliche Professuren in Deutschland und der Schweiz. Zuletzt war sie an der Universität Bern, der Eberhard Karls Universität Tübingen und an der Zeppelin Universität in Friedrichshafen als Dozentin tätig.
Inhalt
Einleitung
1. Der Begriff
2. Heteronormativitätskritik als queere Denkbewegung
3 Queer Studies in der Literaturwissenschaft
I ,Abweichendes' Begehren in ,konservativen' Texten. queer desire - straight text?
Eduard von Keyserling: 'Wellen' (1911)
II Das Scheitern der Heteronormativität an der Unstimmigkeit der Geschlechterrollen
III Queerying the queer
Annette Kolb: 'Die Schaukel' (1934)
IV Völlig ,verkehrt herum' oder Die Melancholie der Devianz
Radclyffe Hall: 'Quell der Einsamkeit' (1928)
V Der Triumph des Queeren - ,weiblich' lieben
Anna Elisabet Weirauch: 'Der Skorpion' (1917)
VI Das lesbische Kontinuum
VI.1 Politische und erotische Bündnisse
Kerstin Grether: 'An einem Tag für rote Schuhe' (2014)
VI.2 Romantische und neusachliche Bündnisse
Irmgard Keun: 'Gilgi. Eine von uns' (1931)
VII Homosoziales Begehren - 'Between men; Between women'
Eduard von Keyserling: 'Die Verlobung' (1907)
VIII Frauenliebe: Homosoziale adoleszente Schwärmerei oder wahre Liebesleidenschaft? 'Mädchen in Uniform' (1931/1933) als (nicht) lesbisch gelesener Film/Text
Christa Winsloe: 'Mädchen in Uniform' (1931/1933)
IX ,Männlichkeit' zwischen Homosozialität und Homosexualität
Ronald M. Schernikau: 'Kleinstadtnovelle' (1980)
X Ausblick: Queere Ambitionen im Poproman
X.1 Trügerische queere Phantasien oder Die Potenzierung der Heteronormativität
Alexa Hennig von Lange: 'Relax' (1997)
X.2 Lesbische Verführung als neosexuelle Machtdemonstration
Charlotte Roche: 'Mädchen für alles' (2015)
XI Queer - ein Schlusswort
Laurie Penny: 'Unsagbare Dinge' (2014)