Beschreibung
Wolfgang Kayser gilt auch heute noch als ein Repräsentant der formalistischen und werkimmanenten Methode in der Literaturwissenschaft. Seine kleine Abhandlung über Herder gibt Anlaß, diese Einschätzung zu korrigieren, markiert sie doch eine Zäsur in Kaysers Nachdenken über Literatur. Neben seinem Interesse für die Bedeutung von Sprache und Gattungen bei der Erkenntnis von Dichtung nähert sich Kayser in der Beschäftigung mit Herders Epopee des Menschengeschlechts dem Problem der Geschichtlichkeit von Literatur. Indem er Herders Rezeption der Cid-Romanzen, der Epik des Camões und seiner Lesart der arabischen und spanischen Eroberungen textkritisch bis ins Detail nachgeht, kommt Kayser zu einer Interpretation, die der europäischen Verständigung unter den Nationen großes Gewicht beimißt. Die Studie, die in Lissabon entstand und aufgrund der Wirren zum Ende des Zweiten Weltkriegs nicht rezipiert werden konnte, wird hier erstmals in Buchform vorgelegt.