Beschreibung
"Alle müssen sich gegen den Krieg verschwören und ihn gemeinsam verlästern", so ruft uns der Christ und Humanist Erasmus von Rotterdam (gest. 1536) in seiner pazifistischen Hauptschrift "Die Klage des Friedens" (1517) zu. Der antimilitaristische Schweizer Pfarrer, Theologe und religiöse Sozialist Rudolf Liechtenhan (1875-1947) legte fünf Jahre vor dem Zweiten Weltkrieg in banger Sorge seine jetzt neu edierte Übersetzung der "Querela Pacis" vor. Die vorliegende Ausgabe wird ergänzt durch einen einleitenden Text von Eugen Drewermann, zwei Erasmus-Essays (E. Eisentraut, Stefan Zweig) und eine Bibliographie im Anhang.
Wie niemals zuvor in der Geschichte entscheidet sich heute am Friedensruf des Erasmus das Geschick der Einen Menschheit. Papst Franziskus beklagt den neuen "Weltkrieg auf Raten". Das öffentliche Leben wird auf erschreckende Weise von Militarisierung, Aufrüstungspropaganda und Kriegsertüchtigung durchdrungen. Eugen Drewermann konstatiert in seinem Vorwort: "Der Krieg ist 'die allgemeine Krankheit des Erdkreises.' (Erasmus) Oder anders ausgedrückt: er ist in Vorbereitung, Durchführung und ideologischer Rechtfertigung die Geisteskrankheit, der Wahnsinn, die vollendete Verrücktheit des Politischen. Dringend benötigt würde also zur Durchsetzung der einfachsten Forderungen der Vernunft eine von Grund auf wirksame Therapie. Doch jetzt kommt alles noch schlimmer dadurch, daß man die einzige und beste Medizin gegen die paranoische Psychose des Politischen: das Christentum, gerade dieses, in eine Kriegsdroge für Süchtige verwandelt hat."
Seit den Tagen des römischen Soldatenkaisers Konstantin (gest. 337) folgen die dem Staat durch mannigfache Privilegien verbundenen Kirchenkomplexe und Bischöfe nicht der Bergpredigt Jesu, sondern den irrationalen militärischen Heilslehren der Regierenden. Erasmus fordert die Rückkehr zur Botschaft des Anfangs: "An euch appelliere ich, ihr Gott geweihten Priester: ihr wißt wohl, was Gott wohlgefällig ist; wendet alle Mühe daran, es zu verwirklichen! Was ihm aber am meisten verhaßt ist, das treibt aus! An euch appelliere ich, ihr Theologen, verkündet das Evangelium des Friedens, daß es laut in die Ohren des ganzen Volkes hineintöne! An euch appelliere ich, ihr Bischöfe und übrigen hohen Würdenträger der Kirche, werft eure Autorität in die Waagschale, um den Frieden mit ewigen Banden herbeizuzwingen!"
edition pace - Band 21
Herausgeber: Peter Bürger
Autorenportrait
Erasmus von Rotterdam:
Erasmus von Rotterdam (geb. vor 1470, gest. 1536 in Basel), Niederländer, als unehelicher Sohn eines Priesters, aufgewachsen in einem Augustinerkloster. Priesterweihe 1492. Lange Aufenthalte u.a. in Paris, England und Italien. Erasmus war die Leitgestalt des europäischen Humanismus. Er predigte scharf gegen die Beteiligung des hohen Kirchenklerus an der Militärreligion der Regierenden, weil diese dem Christentum diametral widerspricht. Sein Programm lautet: "Alle müssen sich gegen den Krieg verschwören und ihn gemeinsam verlästern. Den Frieden aber sollen sie im öffentlichen Leben und im privaten Kreise predigen, rühmen und einhämmern." Die Hauptschrift unter seinen pazifistischen Werken ist die "Klage des Friedens" (Querela Pacis, 1517), die vor drohenden Kriegsabenteuern bis heute immer wieder neu gelesen wird.
Rudolf Liechtenhan:
Rudolf Liechtenhan (1875-1947), christlicher Pazifist, Schweizer Pfarrer und Theologe. "Seit 1921 gab er als Privatdozent Vorlesungen an der Universität Basel. 1928 lehnte die Berner Regierung Liechtenhans Ruf zum ordentlichen Professor wegen seiner pazifistischen Einstellung ab. 1929 erhielt er den Ehrendoktor in Theologie an der Universität Zürich. 1935 wurde er zum außerordentlichen Professor für Neues Testament in Basel berufen und trat darauf vom Pfarramt zurück. - Liechtenhan gehört zu den Gründern der religiös-sozialen Zeitschrift 'Neue Wege' und der Vereinigung antimilitaristischer Pfarrer; er engagierte sich außerdem im religiösen Sozialismus." (Wikipedia.org: Abruf 06.03.2024).
Eugen Drewermann:
Dr. Eugen Drewermann, geb. 1940, Theologe, Psychoanalytiker und Schriftsteller mit internationaler Reichweite; einer der erfolgreichsten theologischen Autoren; Auszeichnungen für sein Friedensengagement u. a. mit dem Erich-Fromm-Preis, dem Albert-Schweitzer-Preis (2019) und dem Preis der internationalen Hermann-Hesse-Gesellschaft; er nimmt als Pazifist immer wieder Stellung zu aktuellen gesellschaftlichen Fragen, ohne sich den 'Vorgaben' des öffentlichen Militarisierungskurses zu beugen. - Bücher der letzten Jahre u. a.: Von Krieg zu Frieden. = Kapital und Christentum Band 3 (2017); Richtet nicht! Strafrecht und Christentum (drei Bände: 2020-2023); Nur durch Frieden bewahren wir uns selber: Die Bergpredigt als Zeitenwende (2023).
Peter Bürger:
Herausgeber des Bandes: Peter Bürger (geb. 1961 in Eslohe/Sauerland), katholischer Theologe (Studium Bonn, Paderborn, Tübingen 1982-1987), Krankenpfleger (Examen 1991), mehre psycho-soziale Berufsfelder; seit 2003 freier Publizist. Herausgeber der Reihe "Kirche & Weltkrieg" (https://kircheundweltkrieg.wordpress.com) und des von ihm konzipierten Editionsprojektes "Tolstoi-Friedensbibliothek" (www.tolstoi-friedensbibliothek.de). Mitgliedschaften: Internationale katholische Friedensbewegung pax christi (ab 1980); Internationaler Versöhnungsbund (deutsche Sektion); DFG-VK; Solidarische Kirche im Rheinland; Ökumenisches Institut für Friedenstheologie. - Forschungen zu "Krieg und Massenkultur"; Bertha-von-Suttner-Preis (Film & Medien, 2006).