Beschreibung
Im Zuge der Remilitarisierung wurde ab 1950 in Westdeutschland ein neues Militärkirchenwesen aufgebaut. Federführend beteiligt waren geistliche Assistenten des Hitlerkrieges aus beiden Konfessionen. Die Militärpfarrer sind bis heute Beamte und dem Bundesministerium für das Militärressort zugeordnet, das sie aus Steuergeldern auch besoldet. Der staatskirchliche Charakter dieses Komplexes liegt offen zutage.
Die Kirchen in der DDR blieben hingegen staatsfern und nahmen später einen entschiedenen Friedens-Standort ein, der sie allein an Jesus von Nazareth band. Ihre Seelsorge für Wehrpflichtige, Bausoldaten und Verweigerer vollzog sich unabhängig, als rein kirchliche Aufgabe. Nach der staatlichen Vereinigung wurden die Erfahrungsschätze der "DDR-Christenheit" ignoriert. Kritik an der staatskirchlichen Verflechtung, wie sie Pfarrer Axel Noack (Kirchenprovinz Sachsen) 1990 vorgetragen hat, ist aber heute dringlicher denn je: "Mit dem Militärseelsorgevertrag geht die Kirche eine Grundbindung an die Armee ein, die der Freiheit ihrer Verkündigung gefährlich werden kann ... (Es) hat die Kirche sich ohne Not in eine 'Bindung' begeben, die die Klarheit ihres Zeugnisses verdunkeln muss ... Im demokratischen Rechtsstaat ... besteht nicht die Nötigung zu einem Militärseelsorgevertrag."
Dieser Sammelband vermittelt Orientierung, Impulse und Vorbilder der Befreiung für die Debatte über das Militärkirchenwesen - mit Texten von: Ralf Becker, Wolfram Beyer, Peter Bürger, Gerhard Czermak, John Dear, Matthias-W. Engelke, Erasmus von Rotterdam, Hanna E. Fetköter, Albert Fuchs, Joachim Garstecki, Matthias Gürtler, Ullrich Hahn, Georg D. Heidingsfelder, Hartwig Hohnsbein, Uwe Koch, Victoria Kropp, Gerhard Loettel, Walter Mixa, Franz Nadler, Thomas Nauerth, Martin Niemöller, Leo Petersmann, Rainer Schmid, Tertullian, Reinhard J. Voß, Bernhard Willner, Bernd Winkelmann und Hans Dieter Zepf.
Herausgegeben in Kooperation mit dem Ökumenischen Institut für Friedenstheologie
Autorenportrait
Rainer Schmid:
Rainer Schmid, geb. 1963, evangelischer Theologe in Württemberg, aktiv im Internationalen Versöhnungsbund und in der Deutschen Friedensgesellschaft - Vereinigte Kriegsdienstgegner/innen (DFG-VK). Er setzt sich gegen Atomwaffen, Rüstungsfirmen und Militärwerbung ein. Aufklärungsarbeit zur "Zusammenarbeit der Kirchen mit dem Militär"; wurde von der Kirchenleitung mehrfach unfreiwillig versetzt und erhielt den "Amos-Preis für Zivilcourage in Kirche und Gesellschaft".
Thomas Nauerth:
Nauerth, Thomas, Dr. theol. habil.; apl. Prof. für Religionspädagogik am Institut für Katholische Theologie Universität Osnabrück; Mitglied im Ökumenischen Institut für Friedenstheologie / Ecumenical Institute of Peace Theology und im Internationalen Versöhnungsbund/Deutscher Zweig, sowie im wissenschaftlichen Beirat von Pax Christi. Redakteur der Homepage www.friedenstheologie.de.
Arbeitsschwerpunkte: Friedenstheologie, Friedenserziehung und biblische Bildung (vgl. auch http://independent.academia.edu/ThomasNauerth)
Matthias-W. Engelke:
Dr. Matthias-W. Engelke, verheiratet mit Beate Engelke, zwei Kinder, evangelischer Pfarrer der Rheinischen Landeskirche; nach dem Studium in Bonn und Kopenhagen Promotion über Sören Kierkegaard und das Alte Testament, 1998. Pfarrstellen in Oberbantenberg (1989-1997), Militärseelsorge in Idar-Oberstein und Birkenfeld (1997-2001), Evangelische Studentenseelsorge Trier und Birkenfeld (2001-2003) & Pfarrstelleninhaber in Nettetal-Lobberich/Hinsbeck (2003-2015). Nach Beginn des Kosovo-Jugoslawien-Krieges öffentlicher Protest als Militärpfarrer gegen die Völkerrechtswidrigkeit dieses Krieges. Zugleich erweckte in ihm die Lektüre von Jean Lasserre (Der Krieg und das Evangelium, 1956) die Friedensliebe Jesu neu. - Seit 2000 Mitglied des Internationalen Versöhnungsbundes/deutscher Zweig, 2010-2016 deren Vorsitzender. Initiator der zusammen mit dem Initiativkreis gegen Atomwaffen durchgeführten siebenjährigen Aktion 'Jericho in der Eifel' (2002-2008) zum Abzug der Atomwaffen der Vereinigten Staaten aus Büchel / Südeifel. Seit 2010 anlässlich der Hiroshima- und Nagasaki-Gedenktage (6./9. August) Beginn der öffentlichen Fastenaktion für eine atomwaffenfreie Welt bis zum Abzug der Atomwaffen aus Deutschland (blogspot.fastenkampagne.de). Seit 2015 zu Studienzwecken (Friedenstheologie) im unbezahlten Urlaub; lebte bis Juni 2019 zwei Jahre lang mit seiner Frau in Kairo. Zuletzt erschienen ist 2019 sein Buch "Zelt der Friedensmacher".
Peter Bürger:
Peter Bürger, geb. 1961, Kriegsdienstverweigerer (Zivildienst), Theologiestudium in Bonn, Paderborn, Tübingen (Diplom 1987); examinierter Krankenpfleger; psycho-soziale Berufsfelder, ab 2003 freier Publizist (Düsseldorf). Seit dem 18. Lebensjahr Mitglied der internationalen katholischen Friedensbewegung pax christi, später auch: Versöhnungsbund, DFG-VK, Solidarische Kirche im Rheinland. Themenschwerpunkte u.a.: Kirche der Armen, 'Krieg & Massenkultur', pazifistische Beiträge zur Regional- und Kirchengeschichte, christliche Friedensdiskurse. Bertha-von-Suttner-Preis 2006 (Kunst & Medien). www.friedensbilder.de - www.sauerlandmundart.de