Beschreibung
In Neapel grassierte im Jahr 1884 eine Choleraepidemie, die innerhalb weniger Wochen Tausende Opfer forderte. In den engen, schmutzigen Gassen der dichtbebauten Altstadt litt vor allem die ärmste Bevölkerung an den unhygienischen Bedingungen. Unter Zugzwang geraten, statteten König und Ministerpräsident der Stadt einen Besuch ab und beschlossen die gründliche Sanierung der alten Straßenzüge - auf Kosten der ärmsten Bevölkerung. Wer dieses Vorhaben genaustens beobachtete, war die junge Journalistin und Zeitungsgründerin Matilde Serao. In ihren Kolumnen erwacht Neapel zum Leben, der Küchenduft und die stinkenden Gassen, das Geschrei der Leute, ihr Jammern, Lachen und Rufen. Man leidet mit, wenn Mütter keine Milch für ihre Neugeborenen haben, man schüttelt den Kopf über absurde Vorhaben und Baupläne der Stadt. Über zwanzig Jahre hinweg sammelte Matilde Serao ihre literarisch und geschichtlich kostbaren Kolumnen und fasste sie zu dem Band Der Bauch von Neapel zusammen - ein bemerkenswertes Zeugnis des solidarischen Engagements für die Verbesserung menschlicher Lebensverhältnisse. Die deutsche Erstübersetzung ist Teil der Reihe PERLEN, die große italienische Autorinnen des 20. und 21. Jahrhunderts vorstellt.
Autorenportrait
MATILDE SERAO kam 1856 im griechischen Patras zur Welt. Sie arbeitete als Lehrerin, Journalistin und Schriftstellerin. Zusammen mit ihrem Ehemann, dem Journalisten und Schriftsteller Edoardo Scarfoglio, gründete sie zwei Tageszeitungen, Il Corriere di Roma (1885) und Il Mattino di Napoli (1892). 1903 rief sie in Neapel als erste Frau in der Geschichte des italienischen Journalismus eine neue Zeitung ins Leben, Il Giorno, die sie bis zu ihrem Tod leitete. Sie galt als Vielschreiberin und verfasste neben ihren journalistischen Texten mehr als vierzig Romane. Matilde Serao starb 1927 an einem Herzinfarkt. Sie ist in Neapel auf dem Friedhof Poggioreale begraben. ULRIKE SCHIMMING übersetzt seit mehr als 25 Jahren Literatur aus dem Italienischen und Englischen. Darunter einen Neapel Krimi von Patrizia Rinaldi, Romane von Tea Ranno und Renata Viganò, aber auch Sachbücher wie die Holocaust-Erinnerungen von Liliana Segre und der Schwestern Andra und Tatiana Bucci. 2018 wurde sie mit dem Deutschen Jugendliteraturpreis in der Sparte Sachbuch für ihre Übersetzung von Gianumberto Accinellis Der Dominoeffekt ausgezeichnet.