Beschreibung
Seelische Grenzerlebnisse sind ein zunehmendes Gegenwartsphänomen. Psychologie, Psychiatrie und Psychosomatik ringen um Klassifizierungen und Definitionen, und die medikamentöse Behandlung ist oft die erste Wahl. Dass Grenzerlebnisse immer auch mit seelischen Entwicklungsaufgaben und -möglichkeiten zu tun haben, wird wenig in Betracht gezogen. Rudolf Steiner hat wiederholt in Vorträgen solche Zustände beschrieben und auf ihre Ursachen hingewiesen. Dabei ging es ihm nicht um die Differenz zwischen normal und pathologisch, sondern um das nacherlebbare Verständnis der Eigenart des seelischen Lebens. Als Beobachter eigener Zustände und als Initiator der eigenen Seelenentwicklung verfügt der Mensch noch über weitere therapeutische Ansätze. Steiners Ausführungen liefern wichtige Beiträge zu einer klaren Phänomenologie solcher Grenzerlebnisse und eröffnen therapeutische Grundlagen. Die vorliegende kommentierte Textauswahl macht Rudolf Steiners Intentionen verständlich und verschafft einen sorgfältigen Überblick zum Thema außergewöhnlicher seelischer Phänomene und ihre Bedeutung für den Entwicklungsweg des Bewusstseins.
Autorenportrait
Rudolf Steiner wurde am 27. Februar 1861 in Kraljevec (Königreich Ungarn, heute Kroatien), geboren. Er studierte an der Technischen Hochschule Wien und promovierte an der Universität Rostock mit einer erkenntnistheoretischen Arbeit, die mit dem Satz endet: «Das wichtigste Problem alles menschlichen Denkens ist das: den Menschen als auf sich selbst gegründete, freie Persönlichkeit zu begreifen.» Diese Überzeugung leitete ihn auch in seiner Tätigkeit als Goethe-Herausgeber in Weimar, als Schriftsteller, als Redakteur und Vortragsredner in Berlin, später in Dornach und an vielen anderen Orten Europas. Seine durch Bewusstseinsforschung erweiterte Sichtweise, die er «Anthroposophie» (Weisheit vom Menschen) nannte, ermöglichte es ihm, auf zahlreichen Lebensgebieten praktische und tiefreichende Impulse zu geben, stets mit dem Ziel einer spirituellen Erneuerung der Zivilisation. Nach der Trennung von der Theosophischen Gesellschaft, deren Deutscher Sektion er zunächst als Generalsekretär vorstand, wirkte bei der Gründung der Anthroposophischen Gesellschaft mit. Im Goetheanum in Dornach bei Basel bekam die Gesellschaft ihr Zentrum «Freie Hochschule für Geisteswissenschaft». Als der Doppelkuppelbau aus Holz durch Brandstiftung zerstört wurde, stellte sich Rudolf Steiner an die Spitze der neu begründeten Allgemeinen Anthroposophischen Gesellschaft. Rudolf Steiner starb am 30. März 1925. Sein Werk umfasst neben zahlreichen geschriebenen Büchern Nachschriften von rund 6000 Vorträgen und ist in der «Rudolf Steiner Gesamtausgabe» zum großen Teil ediert.