Beschreibung
Studienarbeit aus dem Jahr 2003 im Fachbereich Theologie - Historische Theologie, Kirchengeschichte, Note: 1 (sehr gut), Bayerische Julius-Maximilians-Universität Würzburg (Lehrstuhl für Evangelische Theologie 1), Veranstaltung: Evangelische Theologie im 20. Jahrhundert, Sprache: Deutsch, Abstract: Dietrich Bonhoeffer wird zu jener Theologengeneration gezählt, die zum Teil durch den Zweiten Weltkrieg um ihre Entfaltung gebracht wurde. Dennoch gelangte er sowohl mit seinem fragmentarischen Werk als auch mit seiner Biografie ungefähr zehn Jahre nach seinem gewaltsamen Tod zu einer weltbekannten Berühmtheit. Leben und Werk, Denken und Handeln gehören bei ihm so wesentlich zusammen, dass es Frevel wäre, dies durch eine äußere Gliederung auseinander legen zu wollen. Seine überragende Bedeutung liegt nach Meinung des Neffen Hans-Walter Schleichers nicht in erster Linie im Politischen, denn Bonhoeffer war kein Politiker und wollte nicht politisch handeln, sondern als Mensch und Christ, der an der Stelle, an die ihn Gott gestellt hat, Verantwortung übernimmt. Allein seine von Weitsicht und Mut zeugenden Äußerungen, die zu Lebzeiten an die Öffentlichkeit gelangten, werden neben denen Karl Barths (1886-1968) zu den klassischen Zeugnissen kirchlich-evangelischer Besinnung in dieser Zeit gezählt. Über Bonhoeffers Dissertation, die er als Dreiundzwanzigjähriger unter der Überschrift Sanctorum Communio. Eine dogmatische Untersuchung zur Soziologie der Kirche eingereicht hatte, schrieb Karl Barth fast 30 Jahre später: Ich gestehe offen, dass es mir Sorge macht, die von Bonhoeffer damals erreichte Höhe (.) wenigstens zu halten (.) nicht schwächer zu reden, als dieser junge Mann es damals getan hat. Das Religiöse wird, tröstete uns Heidegger, niemals durch die Logik zerstört, sondern immer nur dadurch, dass der Gott sich entzieht. Was können wir Geschöpfe also dafür, wenn uns Gott verlässt oder verlassen hat? Bonhoeffer lässt uns diesen billigen Trostversuch nicht durchgehen, im Gegenteil, er peinigt uns mit dem radikalen Schlüsselsatz seiner Nachfolge: Nur der Glaubende ist gehorsam, und nur der Gehorsame glaubt. In den Haftanstalten der Gestapo bewegte Bonhoeffer weniger das eigene Schicksal als vielmehr die Frage, wer Christus für uns heute eigentlich sei. Ihn befielen Zweifel, ob dem Menschen alles nur durch Worte zu übermitteln sei; ebenso hielt er die Zeit der Innerlichkeit und des Gewissens für überholt, und das heißt eben die Zeit der Religion überhaupt. Er machte sich Gedanken, wie Christus auch von den Religionslosen erkannt und anerkannt werden könne; oder er fragte sich, ob es auch religionslose Christen gebe. Seine Fragen bleiben uns also erhalten und befruchten unseren notwendigen Zweifel im Glauben.