Beschreibung
Fachleute aus fünf Ländern behandeln in diesem Band Schlüsselthemen aus der historischen Entwicklung der sudetendeutschen völkischen Bewegung, welche die Geschichte dreier Staaten mitbestimmte. Aus der alldeutschen Bewegung in der Habsburger Monarchie hervorgegangen, entwickelte sie 1918-1938 in der Tschechoslowakei ihr eigenes Milieu und Organisationsgeflecht. 1938 bzw. 1945/46 verlagerte sich das Betätigungsfeld endgültig nach Deutschland. Mit der Institutionalisierung einer ‘sudetendeutschen Volksgruppe’ wurde die Tradition in der Bundesrepublik Deutschland wiederaufgenommen. Die sudetendeutsche Bewegung verstand sich immer als Teil der deutschen Nation. Ihre Geschichte stellt für die Entwicklung völkischer Formen der deutschen kollektiven Identität daher ein wichtiges Kapitel deutscher Geschichte mit europäischer Wirkung dar.
Autorenportrait
Hans Henning Hahn ist Professor für Moderne Osteuropäische Geschichte an der Universität Oldenburg. Seine Forschungsgebiete sind die Historische Stereotypenforschung, moderne politische Mythen sowie das kollektive Gedächtnis. Seine Veröffentlichungen behandeln die Geschichte Polens und Tschechiens sowie die Geschichte des europäischen Mächtesystems.
Rezension
«Der Band gibt so einen anspruchsvollen Überblick über die mit der sudetendeutschen Bewegung verbundenen historischen und aktuellen Forschungsfragen, wobei sich zukünftige Beiträge auch hier noch fehlenden sozialhistorischen und perzeptionsgeschichtlichen Aspekten der Bewegung annehmen sollten.» (ZPol, Zeitschrift für Politikwissenschaft)
«Die Beiträge des Bandes sind bezüglich der völkisch-sudetendeutschen Richtung der deutsch-böhmischen Politik gezielt scharf bis kompromisslos formuliert, dabei allerdings gut recherchiert und sehr informiert. Sie bilden somit eine neue Grundlage für die kritische Erforschung und Diskussion dieser bis heute nicht vollständig historisierten Problematik.» (Jiri Pesek, H-Net Reviews in the Humanities & Social Sciences 07/2013)
Inhalt
Inhalt: Hans Henning Hahn: Einleitung – Kurt Nelhiebel: Die Vertreibung aus der Tschechoslowakei. Persönliche Erinnerungen und Reflexionen – Hans Henning Hahn: Die Anfänge des völkischen Diskurses in der Paulskirche 1848 – Ji?i Ko?alka: Georg Ritter von Schönerer und die alldeutsche Bewegung in den böhmischen Ländern – Eva Hahn: Über Rudolf Jung und vergessene sudetendeutsche Vorläufer und Mitstreiter Hitlers – Ronald Smelser: Die SHF/SdP - 1933-1938 – Manfred Alexander: Das Bild sudetendeutscher Politik in den deutschen Gesandtschaftsberichten, 1918-1938 – Tomáš Kasper: Der völkische Diskurs im Deutschen Turnverband in der Tschechoslowakei – Christian Jacques: Über die Erfindung des Sudetendeutschtums: Johannes Stauda - ein sudetendeutscher Verleger – Ingo Haar: ‘Sudetendeutsche’ Sprachinselforschung zwischen Volksgruppen-Bildung und Münchener Abkommen: Eduard Winter, Eugen Lemberg und die Nationalisierung und Radikalisierung des deutsch-katholischen Wissenschaftsmilieus in Prag (1918-1938) – Werner Röhr: Der «Fall Grün» und das Sudetendeutsche Freikorps – Martin D. Brown: A Munich Winter or a Prague Spring? The evolution of British policy towards the Sudeten Germans, from October 1938 to September 1939 – Tobias Weger: Die «Volksgruppe im Exil»? Sudetendeutsche Politik nach 1945 – Samuel Salzborn: Ein Jahrhundert sudetendeutsche völkische Bewegung. Politikwissenschaftliche Dimensionen eines (zeit-)geschichtlichen Forschungsgegenstandes.