Beschreibung
Von Alphons Silbermann Ober die Jahrtausende hinweg, von der Stammesgesellschaft anwärts bis zu unseren Tagen wird es im allgemeinen als eine Selbstverständlichkeit angesehen, daß die Künste in dieser oder jener Form der Gesellschaft Dienste erweisen. Gleich ob diese Dienste darin bestehen, das Leben zu verschönern, Prestige zu verleihen, kritisch die Welt zu durchleuchten, Aufklärung zu vermitteln, Werte zu etablieren oder Existenz zu negieren - stets wird ihnen eine Funktion zuerteilt, selbst wenn von gewissen künstlerischen Schöpfungen behauptet wird, deren Funktionslosigkeit stelle ihre Funktion dar 1. Und eben weil dem so ist, d. h. eben weil den Künsten die Rolle eines dem Individuum oder dem Kollektiv dienenden Pendants zuerteilt ist, besteht jenes ordnende Recht, genannt Bewertung. Dementsprechend wandte sich die Philosophie, ihrer kritisch reflektierenden Aufgabe entsprechend, seit Beginn ihrer Geschichte Wertprüfungen zu und etablierte eine Rangordnung von Wert klassen, die von Lustwerten über Dienstwerte bis zu Sclbstwerten reicht 2. Diese "klassische' Tradition der Philosophie bei der Bewertung von Kunst und Kunst werken blieb beherrschend bis in die Jahre des Ersten Weltkrieges. Erst danach, zwischen 1920 und 1930, als Folge des Vordringens der Bedeutung der Behavioral Sciences (Disziplinen wie Anthropologie, Psychologie und Soziologie) verlagerte sich das Interesse von der philosophischen Studie der Werte auf eine deskriptive, d. h. nicht-philosophische Untersuchung derselben: die wissenschaftliche Forschung be gann, sich direkt mit dem menschlichen Verhalten zu befassen.