Beschreibung
In den Begleitumständen, dem Bericht von seinen Erfahrungen als Schriftsteller in Ost wie West, schildert Uwe Johnson das Scheitern eines 1963 in Angriff genommenen Buches. In ihm wollte er die Arbeit von Fluchthelfern dokumentieren. Deshalb führte er mit den Mitgliedern der Gruppe Girrmann (sie half nach dem Mauerbau annähernd 5000 Menschen, die DDR zu verlassen) Gespräche über das Warum und Wie ihrer Arbeit. Diese Unterredungen wurden auf Tonband aufgezeichnet, das Projekt von Johnson jedoch abgebrochen. In den Begleitumständen erklärt er lapidar: »Ja – die Tonbänder sind gelöscht.«
Hier irrte Uwe Johnson: Die insgesamt fünfstündigen Interviews mit Detlef Girrmann und Dieter Thieme haben sich erhalten, da Johnson sie ihnen zurückgab. Ihre Transkription wird hier zum ersten Mal veröffentlicht. Nun ist exemplarisch zu verfolgen, wie der Genauigkeitsfanatiker die Fakten erhebt, die er in sein Erzählen verwebt; es ist nachzulesen, was ihn am Tun der Fluchthelfer beschäftigt. Zugleich wird, ebenfalls zum ersten Mal, die Tätigkeit dieser Personen aus der Innenperspektive geschildert. Sie berichten, wie die Gruppe sich zusammenfand, erzählen von ihren Absichten, ihren Methoden, Menschen aus der DDR zu schleusen, ihrer Haltung zur DDR und zur BRD, von ihren Siegen und Niederlagen – geleitet von den Fragen des neugierigen Reporter-Schriftstellers.
Rezension
»Die spannende Vergegenwärtigung einer im öffentlichen Bewusstsein in Vergessenheit geratenen Heldentat. … Ein später Blick in die Werkstatt eines großen Schriftstellers und aufregende Geschichtsstunde in einem.«
»Johnsons Erzählung … ist ein eindrucksvolles, deutlich und detailgenau erzähltes Stück über menschliche Korrumpierbarkeit, Schwäche und Angst, aber ebenso auch eines über Mut.«
»Dass nach so langer Zeit unveröffentlichte Texte vom ihm auftauchen, ist ein Ereignis. Allerdings kein literarisches, vielmehr ein literaturhistorisches. Es kommt hier nicht verschollene Prosa zum Abdruck, sondern eine mögliche frühe Vorstufe für Prosa. Sie bezeugt Johnsons akribische Arbeitsweise, seine Beweggründe und Interessen.«
»Sowohl aus historischer wie auch aus literaturwissenschaftlicher Sicht ist das schmale Buch wichtig.«
Leseprobe
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