Beschreibung
Der zweite Thessalonicherbrief wird vielfach als deuteropaulinisch eingestuft, hauptsächlich wegen der als „eschatologisch“ angesehenen Ausdrücke wie „Tag des Herrn“ und „Parusie“ im zweiten Kapitel. Durch eingehende semantische Untersuchungen des Wortschatzes wird aufgezeigt, dass von der Terminologie her keine eschatologische Konnotation vorliegt, sondern – wie im AT so auch im NT – „Tag des Herrn“ das Eingreifen Gottes in die Geschichte Israels bzw. der christusgläubigen Gemeinde oder des Einzelnen meint. „Parusie“ bezeichnet im NT stets die „Gegenwart“ oder „Anwesenheit“ Gottes oder des erhöhten Herrn, nicht seine „Wiederkunft“.
In 2 Thess 2 fordert Paulus die junge Gemeinde eindringlich zu einer tiefgreifenden geistlichen Unterscheidung gegenüber einem Pseudopropheten auf.
Nach diesen Ergebnissen wird sich in der weiteren Folge die Frage nach der Echtheit von 2 Thess neu stellen. Dies alles steht im Kontext einer neuen Gesamtsicht der Paulusbriefe, die in der Reihe „Paulus neu gelesen“ vorgelegt wird.
Autorenportrait
Maria-Irma Seewann, Dipl.-Theologin, ist Bibelwissenschaftlerin und Mitarbeiterin von Professor Norbert Baumert SJ.