Beschreibung
In der Schweiz wurden im 20. Jahrhundert über 100 000 Kinder und Jugendliche in Heimen und Pflegefamilien platziert. Damit griffen die Behörden entscheidend in die Biografien und Familienleben von Kindern und Eltern ein. Dieses Buch leistet einen Beitrag zur Geschichte der Fremdplatzierungen in der Schweiz und beleuchtet die erst wenig beachtete Schnittstelle zwischen dem Fremdplatzierungs- und dem Migrationsregime. Mittels Archivrecherchen und Interviews mit Betroffenen rekonstruiert es 170 Fremdplatzierungsprozesse, die sich zwischen 1960 und 1980 in den Kantonen Bern und Tessin ereigneten.
Wie kamen diese Fremdplatzierungsprozesse zustande? Welche Rolle spielten Verschränkungen von Nationalität, Ethnizität, Race, Geschlecht, Klasse oder auch Beeinträchtigungen? Und was offenbart die Schnittstelle zwischen Fremdplatzierungs- und Migrationsregime über das staatliche Verwalten und Regieren von Familien? Die Fremdplatzierungsprozesse erzählen die Geschichte der Beziehung zwischen dem Staat, der Nation und der Familie. Dabei wurde nicht nur ausgehandelt, wem das Privileg zukam, selbstbestimmt ein Familienleben zu führen, sondern auch, wer auf welche Weise zukünftig Bürger:in sein konnte.