Beschreibung
Die Casati widerlegen mit ihrer erstaunlichen Familienkarriere ein verbreitetes Bild frühneuzeitlicher Diplomatie. Die Monografie erklärt, wie diese spanisch-mailändische Gesandtendynastie es verstand, in den höchst komplexen, von konfessionellen, sozialen und kulturellen Brüchen geprägten Beziehungsnetzen zwischen Mailand, Madrid, Wien, Luzern, Chur und Baden Ressourcen zu binden, an die richtigen Akteure zu verteilen und sich damit weitgehend konkurrenzlos zu machen.
«Neben dem Eigeninteresse und nach Gott kennt dieses Volk keine weiteren Antriebe», so das vernichtende Urteil Alfonso Casatis über die Eidgenossen im Jahr 1674. Der Gesandte hatte ihren Bedürfnissen dennoch nachzukommen, sonst drohte ihm der Vertrauensentzug sowohl der Gastgeber wie auch seines Auftraggebers, des spanischen Königs. Casati bereitete das Terrain vor, um in vierter Generation seinen Sohn als Vertreter Spanien-Mailands in Luzern und Chur zu platzieren – und eine beinahe lückenlose Amtsführung durch ein und dieselbe Familie zu sichern.
Durch die akteursbezogene Perspektive bei der Aufarbeitung umfangreicher Quellenbestände rekonstruiert die Studie nicht nur Werden und Wirken einer aussergewöhnlichen Gesandtenfamilie, sondern ermöglicht neue Perspektiven auf die schillernde Geschichte der eidgenössischen und bündnerischen Aussenbeziehungen zwischen Klientelismus und Korruption, Mikro- und Makropolitik.
Inhalt
Einleitung
I. Kontext
1. Historischer Kontext
2. Spanisch-mailändische und weitere Repräsentanten im ausgehenden 17. Jahrhundert in der Eidgenossenschaft und den Drei Bünden
2.1. Ordentliche Gesandte und Botschafter
2.2. Weitere Repräsentanten der spanischen Monarchie
II. Gesandtschaft als Familiengeschäft: Die Casati
1. Die Casati innerhalb der Strukturen der spanischen Monarchie
1.1. Perpetuierung einer Familientradition: Die Nominierung der Gesandten
1.2. Wirtschaftliche Grundlagen für die Amtsausübung
1.3. Soziale Positionierung der Familie Casati
1.4. Fazit: Die Casati ausserhalb der klassischen Ämterlaufbahnen
2. Etablierung der spanisch-mailändischen Gesandtschaft in Luzern und Chur
2.1. Der Corpus helveticum und seine Alliierten – ein schwieriges Pflaster für fremde Diplomaten
2.2. Die Vernetzung der Casati in der Schweiz
2.3. Das Gesandtenhaus und -personal in Luzern und Chur
3. Fazit: Der geschickte Umgang mit einer eigentlich ruinösen Gesandtschaft
III. Verflechtung und ihre Grenzen – das Handeln der Casati 205
1. Verflechtung im politischen Handeln
1.1. Die Rekrutierung neuer Klienten
1.2. Einflussnahme mittels Klienten
1.3. Fazit: Korruption, Klientelismus oder Patronage?
2. Grenzen der Verflechtung
2.1. Die konfessionellen Herausforderungen
2.2. Realismus und Verwaltung als Grenzen im Machtkampf Spaniens gegen Frankreich in den 13 Orten
IV. Fazit
V. Forschungskontext: Quellen und Herangehensweise
1. Quellenkorpus
2. Zugänge
2.1. Akteursbezogene Perspektive
2.2. Verflechtung und Korruption
2.3. Staatsbildungsprozess
2.4. Realismus
2.5. Konfessionelle Herausforderungen
VI. Anhang