Beschreibung
Es war noch im päpstlichen Rom, wo eines Abends vor dem Eingangstor eines der alten großen Paläste eine Menge müßiger Zuschauer stillstand, Arbeiter, Mädchen und Frauen, die von der Arbeit heimkehrten und offenbar hier etwas Sehenswertes zu erblicken hofften. 'Höre, Checco,' sagte eine schwarzäugige Dirne, die einen abgefärbten alten Schal nachlässig um die Schultern gezogen hatte, zu einem jungen Burschen, der neben ihr stand, 'da ist heute wohl wieder eine große Versammlung da oben in der Arkadia, etwas Besonderes?' 'Das will ich meinen, Peppina,' erwiderte der Gefragte; 'eine berühmte Improvisatrice wird sich hören lassen, sie soll prächtige Verse machen, so gleich frisch weg, wenn man ihr eine Aufgabe gibt. Ich habe immer gedacht, da müßte man viel studieren, um Verse zu machen, wie unser Ariosto und Tasso.' 'Ach was, ich kann's auch,' versetzte Peppina lachend; 'da hör mal: Der Checco schwätzt dumme Sachen, die machen mich nur lachen.' 'Ei, wie artig! Nicht einmal solche Lumperei hätt' ich dir zugetraut,' versetzte Checco spöttisch.
Autorenportrait
Amelie Malwida Wilhelmina Tamina Rivalier wurde 1816 als neuntes von zehn Kindern des kurhessischen Hofbeamten Carl Rivalier (1779-1847) geboren. Ihr Vater wurde 1825 mit Namensmehrung durch von Meysenbug in den erblichen kurhessischen Adelsstand erhoben, wodurch auch Malwida in den Rang einer Freiin aufstieg. Der badische Diplomat und Politiker Wilhelm Rivalier von Meysenbug war ihr Bruder. Künstlerische und literarische Anregungen erhielten die Kinder von der Mutter, die sie u. a. mit der Gedankenwelt Friedrich Schlegels und Rahel Varnhagens vertraut machte.[1] Aufgrund politischer Unruhen in Kurhessen zog die Mutter mit Malwida und ihrer jüngeren Schwester 1832 nach Detmold. Durch die Bekanntschaft mit dem Theologiestudenten und Pfarrerssohn Theodor Althaus, der ihr Liebhaber wurde, löste sich Malwida in den folgenden Jahren von ihrer konservativen Prägung und wurde Vertreterin aufklärerischen Gedankenguts. Insbesondere sollte sie sich zeitlebens mit dem Christentum auseinandersetzen; in den 1840er Jahren befasste sie sich mit der Philosophie Hegels und der materialistischen Junghegelianer. Sie trat energisch für Frauenemanzipation ein und kam so mit sozialistischen Kreisen in Verbindung. Schließlich unterstützte sie die Märzrevolution von 1848, was sie endgültig in Widerspruch zu ihrer eher reaktionären Familie brachte. Mit Hilfe einiger Freunde gelang es ihr auch, als Zuschauerin am Vorparlament in der Frankfurter Paulskirche teilzunehmen.